Das Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) regelt, auf welche Weise die Gläubiger einer Anleihe auf die in den Schuldverschreibungen verbrieften Rechte einwirken können, indem sie bestimmten Änderungen der Anleihebedingungen zustimmen. Das kann während der Laufzeit einer Anleihe aus verschiedenen Gründen erforderlich sein, vor allem in der Krise oder in der Insolvenz des Schuldners.
Ohne das gesetzlich vorgesehene Mehrheitsprinzip müssten die Anleihegläubiger stets einstimmig entscheiden, um die erforderliche inhaltliche Gleichartigkeit der Schuldverschreibungen zu wahren. Das Mehrheitsprinzip schafft mithin die Voraussetzungen dafür, dass die Anleihegläubiger in der Krise des Schuldners einen Beitrag zu dessen Sanierung leisten können. Weiterhin sieht die Gesetzesbegründung eine Verbesserung der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern im Fall einer Falschberatung vor. Hierzu soll zum einen die Verjährung von Schadenersatzansprüchen wegen schuldhafter Verletzung von Beratungspflichten (§37a des Wertpapierhandelsgesetzes– WpHG) an die regelmäßige Verjährungsfrist nach §195ff. BGB angepasst werden. Zum anderen sollen die Aufzeichnungs- und Unterrichtungspflichten bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch eine Ergänzung des §34 WpHG verschärft werden. Zugleich wird dem Kunden ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch hinsichtlich der Aufzeichnungen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens eingeräumt.
Allerdings muss die konkrete Schuldverschreibung hierzu unter den Schutzzweck des SchVG fallen. Das ist immer dann der Fall, wenn die Bedingungen zur Beschreibung der Leistung der Schuldverschreibung sowie der Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger (Anleihebedingungen) aus der Urkunde ergeben.
Das OLG Dresden hatte in seiner Entscheidung vom 12.04.2017-13 U 917/16, 13 U 0917/16 darüber zu entscheiden, wann die Voraussetzungen erfüllt sind. Im dortigen Fall lag lediglich der Zeichnungsschein und die Eintragungsbestätigung vor. Nach der Entscheidung sind in dortigen Fall die Regelungen des Schuldverschreibungsgesetztes gerade nicht anwendbar. Denn Schuldverschreibungen setzen voraus, dass sie verbrieft sind. Zudem lässt die Regelung in § 2 Satz 1 SchVG erkennen, dass Schuldverschreibungen in einer Urkunde niedergelegt sein müssen. Für eine Verbriefung reicht es jedoch nicht aus, wenn der Zeichnungsschein oder eine Eintragungsbestätigung vorgelegt wird. Der Zeichnungsschein dokumentiert lediglich den Vertragsabschluss, ohne auf eine Verbriefung der erworbenen Rechte hinzuweisen. Die Eintragungsbestätigung enthält nur die Feststellung der Tatsache, dass der Zeichner des Genussrechtskapitals im Genussrechtsregister eingetragen wurde. Eine Verbriefung bestimmter Rechte lässt sich dem ebenfalls nicht entnehmen.
Eine analoge Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes auf Genussrechte kommt nicht in Betracht. Es fehlt an einer erkennbaren Regelungslücke, deren Ausfüllung die Analogie bewirken würde. Der Gesetzgeber wollte explizit nur Schuldverschreibungen regeln. Dabei war ihm, wie sich aus § 2 SchVG ergibt, bewusst, dass Schuldverschreibungen eine Urkunde voraussetzen. Hätte er auch die rechtliche Grundlage für andere Massenanlagen schaffen wollen, hätte er sich nicht auf die verbriefte Anlageform der Schuldverschreibungen beschränkt. Zudem sind die zentralen Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes ausschließlich auf verbriefte Anlagen zugeschnitten, weil die Anleihebedingungen nicht verbriefter Anlagen die Anforderungen, die das Schuldverschreibungsgesetz an jene stellt, nicht erfüllen können. Nach § 2 SchVG müssen sie sich entweder aus der Urkunde ergeben oder in der Urkunde in Bezug genommen sein. Weder das eine noch das andere ist bei nicht verbrieften Genussrechten möglich, da eine Urkunde nicht existiert. Gibt es aber keine Anleihebedingungen im Sinne des Schuldverschreibungsgesetzes, ist der zentrale Gesetzeszweck, insbesondere durch die Möglichkeit der Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung der Gläubiger nach § 5 SchVG zur Sanierung oder in der Insolvenz des Schuldners auf ihre verbrieften Rechte einwirken zu können (BT-Drs 16/12814, S. 13), nicht zu erreichen. Für eine entsprechende Anwendung des Gesetzes, die im Wesentlichen ins Leere ginge, besteht aber kein Bedürfnis.
Im dortigen Fall wurde zudem eine sog. Nachrangklausel vereinbart, die vorsah, dass die Forderungen aus den Genussrechten allen anderen Forderungen zurückstehen. Entsprechend konnten die dortigen Gläubiger nicht die beschriebenen Instrumentarien im Insolvenzfall nutzen, die das SchVG vorsah.
Fazit: Auch wenn der praktische Nutzen des SchVG umstritten ist, sollte man bei Zeichnung von Anlagen auf die Vollständigkeit der Unterlagen achten. Das Risiko eines Rechtsverlustes trägt ansonsten der Anleger