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Fondsprodukte

BGH v. 07.02.2019, Az. III ZR 498/16- „abgelehnte Prospektlektüre“

Anlageberater müssen Kunden auch dann über die wesentlichen Risiken eines Investments aufklären, wenn dieser den Verkaufsprospekt „zu dick und zu schwer“ zum Lesen findet.

In dem entschiedenen Fall streitet ein Kunde der Postbank, der mehrere Zehntausend Euro in Schiffsfonds investierte hatte, um Schadesnersatz wegen fehlerhafter Beratung. Es ging u.a. um die Aufklärungspflicht über die Höhe der Innenprovisionen.

Den Emissionsprospekt hatte der Mann als „Papierkram“ bezeichnet und nicht haben wollen. Es  ging dann um die Frage, ob in diesem Fall eine zusätzliche mündliche Belehrung des Kunden  erforderlich sei.

Der BGH kann die Weigerung, den Prospekt anzunehmen, aber nicht einfach als fehlendes Interesse an jeglicher Aufklärung gedeutet werden. Vielmehr bleibt der Berater zur umfassenden Aufklärung verpflichtet. Der Anleger kann grundsätzlich erwarten, dass der Berater die Aufklärung in dem gebotenen Umfang (auch) in einem persönlichen Gespräch leistet“, heißt es in dem Urteil. Seine Weigerung, sich mit dem Inhalt der Prospekte zu befassen, bedeute nur, dass er sich die erforderlichen Kenntnisse nicht selbst im Wege der Lektüre habe verschaffen wollen, so der BGH. Die Pflicht zur mündlichen Beratung und Aufklärung habe das nicht entfallen lassen.

Rückforderung Ausschüttungen Beteiligungsgesellschaft MS “Santa-R Schiffe” mbH & Co. KG

Die Anleger der Beteiligungsgesellschaft MS “Santa-R Schiffe” mbH & Co. KG bekamen mit Schreiben vom 03. Januar 2018 von der Kanzlei Münzel & Böhm die Aufforderung zur Rückzahlung der in den Jahren von 2003 bis 2008 erhaltenen Ausschüttungen.

Über die Schiffe des Dachfonds MPC MS Santa R Schiffe wurde bereits 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Fonds war umstritten, da in Summe nur 41% der Anlegergelder in die Schiffsinvestitionen geflossen sind. 59% des von den Anlegern aufzubringenden Kommanditkapital incl. Agio wurde danach für Weichkosten, also für Zwischenfinanzierungszinsen und diverse Dienstleistungsvergütungen verwendet. Allerdings steht daraus resultierenden theoretischen Ansprüchen regelmäßig die Einrede der Verjährung entgegen, wenn die Zeichnung mehr als 10 Jahre zurückliegt.

Ist damit automatisch die Forderung des Insolvenzverwalters berechtigt oder können die Anleger der MPC Santa R Schiffe die Rückzahlung verweigern?

Im Grunde ist ein Anleger der MPC Santa R Schiffe grundsätzlich verpflichtet, erhaltene Ausschüttungen gemäß § 172 Abs. 4 HGB wieder zurückzuzahlen, wenn diese nicht durch Gewinne erwirtschaftet worden sind. Dies läßt sich durch Prüfung der Bilanzen feststellen.

Es müssen jedoch eine Reihe weiterer Voraussetzungen vorliegen, damit dieser Anspruch auch tatsächlich durchgesetzt werden kann. So ist der Anspruch dann nicht begründet, soweit die Haftsumme zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht mehr benötigt wird. Für den Beweis dieser Tatsache trifft den Gesellschafter zwar die grundsätzliche Beweislast. Allerdings muss der Insolvenzverwalter die für die Befriedigung der Gläubiger bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft konkret darlegen.

Es empfiehlt sich daher, gezielte Informationen anzufordern, um die Pflicht zur Rückforderung der Ausschüttungen sachgerecht prüfen zu können.

Tip: Lassen Sie den Anspruch auf Rückzahlung der Ausschüttungen juristisch prüfen.

Innenprovisionen über 15 % und Managementfee bei Dachfonds

Innenprovisionen über 15 % und Management- Fee bei Dachfonds, Urteil des BGH vom 12. Oktober 2017- III ZR 254/15

Ständige Rechtsprechung ist es bereits, dass der nicht bankmäßig gebundene, freie Anlageberater keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden hat, ungefragt über eine erwartete Provision aufzuklären, wenn diese 15% nicht übersteigt und offen ein Agio/ Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen wird. Überschreiten die Vertriebsprovisionen hingegen die Marke von 15%, ist dies für die Anlageentscheidung des Investors bedeutsam. Es besteht dann eine ungefragte Aufklärungspflicht (vgl. statt vieler: BGH Urteil III ZR 404/12, WM 2014, 118 Rn.14 und BGH vom 23. Juni 2016 – III ZR 308/15, WM 2016, 1333 Rn. 11).

Nach dem Urteil des Kammergerichts (Berlin) vom 23. Januar 2016 – III ZR 308/15 ist nun auch klar, dass diese Rechtsprechung ebenso auf den Vertrieb von Eigentumswohnungen anwendbar ist. Es besteht hier kein Sonderfall gegenüber sonstigen Anlagen. Die vorbenannte Aufklärungspflicht besteht zudem unabhängig davon, ob die Kapitalanlage mittels eines Prospektes vertrieben wird oder nicht. Der BGH hat jetzt mit seinem Urteil eine bislang offene Frage im Zusammenhang mit Dachfonds geklärt. Danach unterfallen laufende gewinnunabhängige Vergütungen der Manager der Zielfondsgesellschaften (sog. „Managementfee“) nicht der Begrifflichkeit „Innenprovision“. Denn sie begründen sich auf einer konkreten Gegenleistung im Rahmen der Verwaltung und der Anlage der investierten Mittel. Entsprechend ist die Rechtsprechung zu den Innenprovisionen auch nicht übertragbar.

Allerdings ist Folgendes zu beachten: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil des BGH vom 6. Februar 2006 – II ZR 329/04, WM 2006, 905 Rn. 9 ist ein Emissionsprospekt immer dann fehlerhaft, wenn ihm der Anleger den Umstand, in welchem Umfang seine Beteiligung nicht in das Anlageobjekt fließt sondern für andere wird, nicht ohne weiteres entnehmen kann. Entsprechend käme das Argument der verschwiegenen Management- Fee unter diesem rechtlichen Aspekt zum Tragen und begründet einen Rückabwicklungsgrund solcher Anlagegeschäfte. Im Ergebnis wurde ein entsprechender Anspruch des dortigen Anlegers auf Rückgängigmachung des Geschäftes/ Schadensersatz bei einem Private-Equity-Dachfonds jedoch verneint. Denn bei solch einer Anlage überträgt der Anleger die Entscheidung, in welche Zielfonds sein Geld fließt dem Management des Dachfonds. Dieses hat dann unter den am Markt verfügbaren Zielfonds diejenigen auszuwählen, die eine überdurchschnittliche Rendite für die Anleger erwarten lassen. Zu den Auswahlkriterien gehören dann auch u.a die Leistungsfähigkeit des Managementteams, Anlageerfolge in der Vergangenheit sowie Kostenstruktur und Ergebnisverteilung. Die Entscheidung über die Managementkosten liegen konzeptionell bei der Geschäftsführung des Dachfonds und sind keine Anlegerentscheidung mehr. Nicht der Anleger muss also entscheiden, ob unter Abzug der Kosten des Managements ein guter Gewinn erzielbar ist. Es kann dann keine fehler- hafte Anlegerentscheidung vorliegen.

Bank muß Anleger auf das Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme hinweisen, Urteil des BGH vom 29.04.2014 XI ZR 477/12 sowie XI ZR 130/13

Bei einem offenen Immobilienfonds handelt es sich um Sondervermögen, dass börsentäglich verfügbar und damit hoch fungibel ist. Kennzeichnend für ein solches reguliertes Immobilien-Sondervermögen ist, dass die Anleger gemäß § 37 InvG aF (nunmehr § 187 KAGB) ihre Fondsanteile grundsätzlich jederzeit liquidieren, d. h. zu einem im Gesetz geregelten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft zurückgeben können. Die Kapitalanlagegesellschaft ist nach den gesetzlichen Vorschriften jedoch verpflichtet, einen Fonds zeitweilig dann zu schließen, wenn die Liquiditätsreserve weniger als 5 % des Fondsvermögens ausmacht. In diesem Fall wird die für den offenen Fonds kennzeichnende Fungibilität außer Kraft gesetzt. Der BGH hat nunmehr entschieden, dass die Möglichkeit der Anteilsrücknahmeaussetzung ein erhebliches Liquiditätsrisiko darstellt, über das der Anleger ungefragt zu informieren ist, bevor er seine Anlageentscheidung trifft. Ob eine Aussetzung der Anteilsrücknahme zum Zeitpunkt der Beratung vorhersehbar oder fernliegend ist, spielt für die Aufklärungspflicht der Bank lt. BGH keine Rolle. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch dass die Anteile auch während einer Aussetzung an der Börse frei veräußert werden können, da der zu erzielende Preis hier fraglich ist.

Aufklärungspflichten im Rahmen der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer GbR; Urteil des BGH vom 11.12.2014 – III ZR 365/13

Allein der Umstand, dass die Kapitalanlage auch der ergänzenden Altersvorsorge dienen soll, widerspricht nicht einer anlegergerechten Empfehlung, wenn ein geschlossener Fonds angeboten wird und dies mit Verlustrisiken verbunden ist, so der BGH. Damit gilt gerade nicht der allgemeine Grundsatz, dass sobald das beabsichtigte Geschäft einer sicheren Geldanlage – und hierunter fällt im allgemeinen die Altersversorgung- dienen soll, die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos per se fehlerhaft ist. Denn es kann hiervon abweichend dann auch ergänzend darum gehen, Steuern einzusparen, was regelmäßig gerade nicht ohne Verlustrisiko zu erreichen ist. Auch wenn ein Teil des Fondskapitals fremdfinanziert wird, macht die Fondsbeteiligung noch nicht zu einer „hochspekulativen“ Anlage, die für eine nur ergänzende Altersvorsorge von vorneherein als untauglich angesehen werden müsste. Vielmehr ist im Rahmen der Parteivernehmung genau zu klären, ob es nur um eine ergänzende Altersvorsorge geht oder um die Schließung einer echten Versorgungslücke im Alter.

Konkludent geschlossener Beratungsvertrag und Vorkenntnissen des Kunden, BGH vom 22.03.2011- XI ZR 33/10

Im Rahmen von Bankberatungen/ Beratungen durch sonstige Anlageberater ist der Abschluss eines ausdrücklichen Vertrages nicht erforderlich, um später Ansprüche aus Schlechtberatung des Vertrages geltend zu machen. Vielmehr ist ständige Rechtsprechung, dass bei tatsächlicher Beratung eines Kunden ein Vertrag zustande kommt, der durch schlüssiges Verhalten zustande kommt. Fraglich ist aber, unter welchen Umständen davon auszugehen ist, dass im Einzelfall kein Beratungsbedarf besteht. Zum Teil wird vertreten, dass z.B. eine berufliche Ausbildung oder eine tatsächliche berufliche Tätigkeit ein Indiz dafür sein kann, um Beratungsbedarf zu verneinen. Der BGH hat hierzu entschieden, dass es bei der Frage der Bewertung von Vorkenntnissen gerade nicht allein auf die berufliche Qualifikation des Kunden ankommt, sondern weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um einen geringeren Anlegerschutz anzunehmen. In der Entscheidung des BGH vom 22.03.2011- XI ZR 33/10 heißt es (bei juris RZ 25), dass die berufliche Qualifikation des Kunden allein nicht ausreicht, um Kenntnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit Finanztermingeschäften zu unterstellen, solange keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er diese im Zusammenhang mit der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit tatsächlich erworben hat. Aus den Fachkenntnissen des Kunden kann auch nicht auf dessen Risikobereitschaft geschlossen werden. Entsprechende Vorkenntnisse lassen die vom Berater übernommene Pflicht, die Anlageziele des Kunden zu ermitteln und ein dafür geeignetes Produkt zu empfehlen, unberührt.

Unerlaubte Bankgeschäfte/ Finanzdienstleistungen und behördliches Eingreifen- Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes – 6 A 207/15; Artikel vom 15. Juli 2015

Wer im Inland, dem Geltungsbereich des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb  erfordert,  Finanzdienstleistungen  erbringen  will,  bedarf  der schriftlichen  Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 32 Absatz 1 KWG). Solche Geschäfte werden dann gewerbsmäßig betrieben, wenn der Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und die Geschäfte mit der Absicht  der  Gewinnerzielung verfolgt werden. Alternativ gilt das Kriterium des Erfordernisses eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes. Die Voraussetzungen hierfür sind von außen zumeist nur schwer nachprüfbar so dass fraglich ist, wann eine  Behörde geeignete Maßnahmen ergreifen kann, um die Erlaubnispflicht zu überprüfen.

Im zu entscheidenden Fall  lag lediglich ein Werbebrief mit Briefkopf vor, der „außergewöhnlich rentierliche Investments“ anbot, mit denen „eine gute Rendite erzielt werden könne“. Der dortige Kläger wandte ein, dass das verfasste Schreiben jedoch  singulär geblieben sei und er keine weitere  Tätigkeit entwickelt habe, um Investments zu vermitteln und  insbesondere keine Gelder eingezahlt worden seien.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof mußte hier entscheiden, welche Erkenntnisschwelle vorliegen muss, um tätig zu werden. Er hat hierzu in seinem  Urteil vom  06.05.2015- 6 A 207/15 ausgeführt, dass es der Aufsichtsbehörde möglich ist, schon bei niedrigschwelligen Erkenntnissen die Aufklärung des Sachverhaltes und der näheren Umstände durch Auskunftsverlangen an den Betroffenen zu betreiben. Abzugrenzen ist jedoch vom bloßen Verdacht. Ein solcher liegt immer dann vor, wenn nur Indizien oder Anzeigen von Dritten vorliegen, die der Aufsichtsbehörde bloße für sie auffällige Umstände mitteilen.

Die Sachlage reichte hier im Ergebnis aus, auf konkrete gewerbsmäßige – also auf eine gewissen Dauer angelegte- Geschäfte zu schließen und den entsprechenden Anbieter zur Mitteilung und Vorlage von erforderlichen Unterlagen aufzufordern und nach fruchtlosem Fristablauf ein Zwangsgeld zu verhängen.

Aufklärung über die Fungibilität von Gesellschaftsanteilen eines geschlossenen Immobilienfonds, Urteil des BGH vom 17. September 2015- III ZR 393/14

Eine Kapitalanlage soll eine angemessene Rendite erwirtschaften. Aber was ist, wenn sich die persönliche Sachlage ändert und der Anleger den Anteil wieder verkaufen möchte? Dann muss er ggf. feststellen, dass dies nicht so einfach ist, weil kein Markt existiert. Liegt dann eine Falschberatung vor?

Grundsätzlich ist die Frage einer Falschberatung immer im Einzelfall festzustellen. Im Rahmen einer Anlageberatung besteht jedoch im Grundsatz die Verpflichtung, dass  darauf hingewiesen wird,  dass die Veräußerung eines Anteils an einem geschlossenen Fonds  in Ermangelung eines entsprechenden Markts nur eingeschränkt möglich ist. Es handelt sich um einen Umstand, der für eine Anlageentscheidung generell von erheblicher Bedeutung ist. Denn die Bedingungen, zu denen ein Anleger auch auf langfristig festgelegtes Geld vorzeitig zurückgreifen kann, sind typischerweise ein wesentliches Element seiner Investitionsentscheidung.

In Prospekten/ innerhalb von Beratungen ergeben sich jedoch oft  nur uneindeutige Hinweise. So ist im Ergebnis zu fragen, ob lediglich bzgl. einer gegenwärtigen Situation Aussagen getroffen werden oder der durchschnittliche Empfänger Rückschlüsse auf die Zukunft ziehen kann, die ihm jedoch  eine objektiv falsche Sicherheit vorspiegeln.
Der Hinweis, ein Markt ist für den Gesellschaftsanteil sei „zur Zeit“ nicht vorhanden, erweckt nach BGH Urteil vom 17.09.2015- III ZR 393/14 nicht den Eindruck, dass grundsätzlich eine Veräußerung möglich ist und lediglich für einen absehbaren und vorübergehenden Zeitraum derartige Möglichkeiten nicht bestehen. Dies läßt vielmehr offen, ob und wann mit dem Entstehen eines solchen Markts gerechnet werden könne.

So sieht es auch OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 11. September 2013- 1 U 314/11. Die Prospektangabe, „es gebe derzeit für Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds keinen organisierten Markt wie etwa die Aktienbörse“ ist ausreichend und beschränkt sich ersichtlich auf eine Beschreibung der bei Prospekterstellung gegebenen und konkret absehbaren Situation.

Anders entschied das OLG Köln in seinem Urteil vom 19. 7. 2011 -24 U 172/10. Nach den dortigen Angaben im Emissionsprospekt war ein öffentlicher Markt für den Gesellschaftsanteil „zur Zeit“, also zum Zeitpunkt der Zeichnung, nicht vorhanden. Es fehlt nach Ansicht des Gerichts der eindeutige Hinweis im Prospekt, dass eine Veräußerung der Beteiligung, wenn überhaupt, für den durchschnittlichen Anleger nur mit Verlusten möglich ist. Reicht aber die Aufklärung anhand des Prospekts nicht aus, obliegt es dem Berater, die über die schriftlichen Unterlagen hinausgehende ordnungsgemäße mündliche Beratung konkret darzulegen und zu beweisen.

Treuwidrige Ausübung eines Verbraucherwiderrufsrechtes – aufgehobener Termin vom 15.Dezember 2015- BGH 175/ 2015

Der Verhandlungstermin zur Rechtssache 175/2015 zum Thema „treuwidrige Ausübung eines Verbraucherwiderrufsrechts“ am 15. Dezember 2015 wurde wegen eines außergerichtlichen Vergleichs der Parteien aufgehoben (siehe auch Pressemitteilungen BGH Nr. 175/2015 und Nr. 195/15). Es ging dort um einen Darlehenswiderruf im Zusammenhang mit einem Fondsbeitritt. Nach der Entscheidung von Landgericht und OLG stellte im dortigen Fall der Widerruf des Darlehensnehmers eine unzulässige Rechtsausübung dar. Dies, weil es dem dortigen Darlehensnehmer darum gegangen sei, sich von der wohlüberlegt getätigten, aber spekulativen und risikobehafteten Anlage zu lösen, nachdem sie sich aus steuerlicher Sicht als nicht so erfolgreich wie gewünscht erwiesen hatte. Die Ausübung des Widerrufsrechts zu diesem Zweck sei dann treuwidrig, weil die Mängel der Widerrufsbelehrung für die Risiken, derentwegen widerrufen wurde, irrelevant gewesen seien. Aufgrund des Vergleiches bleibt gegenwärtig diese interessante Rechtsfrage offen.

Aber was bedeutet das für Fälle, in denen das Widerrufsrecht jahrelang bestand und jetzt ausgeübt wird?

Die Rechtsprechung tendiert zu einer restriktiven Annahme der Verwirkung.

Unterschiede in der Rechtsprechung gibt es jedoch je nachdem, ob der Widerruf vor oder nach vollständiger Erfüllung des Darlehensvertrages erklärt wird. Nach einer Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes vom 21.08.2013- 4 U 202/11 reicht der reine Zeitablauf (dort 6,5 Jahre) gerade nicht aus, um Verwirkung anzunehmen. Denn neben dem sog. Zeitmoment muss noch das Umstandsmoment hinzukommen. Dieses ist dann nicht erfüllt, wenn der Kredit erst nach der Widerrufserklärung, vollständig abgewickelt wurde.

Anders wurde dies in einem Fall des OLG Köln vom 25.01.2012-13 U 30/11, 13 U 30/11 entschieden, wo der Vertrag bereits 5 Jahre lang erfüllt war, bevor der Widerruf erklärt wurde. In diesem Fall durfte sich der Gegner mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen wird, so dass die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.

Anders wiederum in der Entscheidung des OLG Celle vom 04.12.2014-13 U 205/13. Dort  reichte die vollständige Erfüllung des Darlehensvertrages nicht aus. Hinzukommen muss nämlich weiter, dass sich die Bank darauf eingerichtet hat, dass das Widerrufsrecht nicht mehr geltend gemacht werde, und deshalb die spätere Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteile vom 18. Oktober 2004 und vom 11. Oktober 2012, a. a. O.). Dies setzt voraus, dass sie sich im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten und seine Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde.

Zu berücksichtigen im Rahmen der Bewertung ist weiterhin, dass die Bank den Widerruf dadurch selbst herbeigeführt hat, dass diese nicht ordnungsgemäß belehrt hat. Von daher erscheint es vertretbar, nur in sehr engen Ausnahmefällen von Verwirkung auszugehen.

Aufklärungspflichten des Beraters im Zusammenhang mit der Schließung eines offenen Immobilienfonds- Urteil des OLG Dresden, Urteil vom 05. März 2015-8 U 1242/14 sowie BGH vom 29.April 2014- XI ZR 130/13

Es besteht eine Aufklärungspflicht der Bank im Zusammenhang mit der Möglichkeit der Schließung eines offenen Immobilienfonds. Denn die Aussetzung der Anteilsrücknahme ist ein prägendes Strukturprinzip und ein ihr grundsätzlich innewohnendes (Liquiditäts-)Risiko.

Kennzeichnend für regulierte Immobilien-Sondervermögen ist, dass die Anleger gemäß § 37 Abs. 1 InvG aF (nunmehr § 187 Abs. 1 Nr. 1 KAGB) ihre Fondsanteile grundsätzlich jederzeit liquidieren und deren Rückgabe zu einem in § 23 Abs. 2 Satz 3, § 79 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 79 Abs. 1 InvG aF geregelten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft verlangen können (sog. Open-End-Prinzip;). Von diesem Grundsatz macht § 81 InvG aF eine Ausnahme. Danach wird der Kapitalanlagegesellschaft bei nicht ausreichender Liquidität das Recht eingeräumt, die Rücknahme der Anteile vorrübergehend zu verweigern mit der Folge, dass die Anleger ihre Fondsanteile nicht mehr zu dem gesetzlich bestimmten Rücknahmepreis zurückgeben können.

Das OLG Dresden greift diesen Sachverhalt auf und führt in seinem Urteil vom 05.03.2015-8 U 1242/1 aus, dass der Anlageberater grundsätzlich über die Möglichkeit der zeitweisen Aussetzung der Anteilsrücknahme – auch ungefragt – aufklären muss. Ob zum Zeitpunkt der Beratung bereits konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende Aussetzung der Anteilsrücknahme vorgelegen haben, ist für das Bestehen dieser Aufklärungspflicht ohne Bedeutung, da es für die Entscheidung des Anlegers auch ohne solche konkreten Anhaltspunkte von wesentlicher Bedeutung sein kann, dass er dieses Risiko während der gesamten Investitionsphase übernimmt.