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Dieselskandal

VW muss Schadenersatz für manipulierte Dieselautos zahlen- BGH vom 25.5.2020

Der BGH entschied im Verfahren VI ZR 252/19:

Volkswagen ist vom Dieselskandal betroffenen Autobesitzern grundsätzlich zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet. Klagende Käufer, die das Geld für ihr Auto zurückhaben wollen, müssen sich aber die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen.

Sachverhalt

Der Kläger erwarb einen VW Sharan 2.0 TDl match, der mit einem 2,0-Liter Dieselmotor des Typs EA 189, Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet ist. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typengenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Die im Zusammenhang mit dem Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungs-modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxid-Ausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typengenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Das KBA ging vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus und gab auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Mit seiner Klage verlangte der Kläger Rückabwicklung

Vorinstanz OLG Koblenz

Das OLG Koblenz führte in seiner Entscheidung vom 12.06.2019-5 U 1318/18 aus, dass das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik unter bewusstem Verschweigen der (gesetzwidrigen) Softwareprogrammierung eine konkludente Täuschung darstelle. Denn der Hersteller erklärt konkludent mit dem Inverkehrbringen,, der Einsatz des Fahrzeugs sei im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig. Die Software sei eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG (vgl. auch OLG Koblenz – 2. Zivilsenat – Beschluss vom 27. September 2017, 2 U 4/17, NJW-RR 2018, 376). Das OLG nahm auch sog. Sittenwidrigkeit an. Denn der Beweggrund für die Verwendung der Software ist (auch) in einer angestrebten Profitmaximierung zu sehen. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass das Vorgehen systematisch erfolgte.

Urteil BGH vom 25.05.2020

In der Pressemitteilung ist zu den Gründen des BGH Urteils wie folgt  zu lesen:

„Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte dem Kläger aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB haftet. Das Verhalten der Beklagten im Verhältnis zum Kläger ist objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren. Die Beklagte hat auf der Grundlage einer für ihren Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch, langjährig und in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA189 in siebenstelligen Stückzahlen in Deutschland Fahrzeuge in Verkehr gebracht, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. Damit ging einerseits eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden und andererseits die Gefahr einher, dass bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte. Ein solches Verhalten ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren. Das gilt auch, wenn es sich um den Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs handelt.“ 

Fettdruck durch Verfasser

Damit hat der BGH nunmehr die Rechte der Kunden gestärkt und in diesem Fall eine sittenwidrige Schädigung angenommen. Danach ist eine Rückabwicklung des Vertrages möglich. Der Ersatzanspruch richtet sich auf das negative Interesse. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne Eintritt des schädigenden Ereignisses stünde. Jedoch sind die angerechneten Kilometer anzurechnen.

Rechtstip:

Die Frage der Sittenwidrigkeit ist zwar bzgl. der einzelnen PkW Typen einzelfallabhängig. Zudem ist bei weiteren Verfahren ein weitaus konkreterer und umfangreicherer Vortrag zur Frage des Verschuldens und vor allem der Zurechnung zu erwarten. Dennoch hat das Urteil weitreichende Folgen für Verbraucher.

 

Dieselskandal + Schaden (OLG Dresden v. 01.03.2018)

Dieselskandal + Schaden- OLG Dresden vom 01.03.2018-10 U 1561/17:

Der Käufer muss substantiierten Vortrag des Verkäufers, dass durch das Software-Update die Abgasgrenzwerte sowie die Kraftstoffverbrauchs-, Motorleistungs- und Geräuschemissionswerte eingehalten werden bzw. unverändert bleiben, substantiiert widerlegen. Vage Befürchtungen des Käufers und die hypothetische Möglichkeit, dass auch nach der Nachbesserung Mängel verbleiben oder neue Mängel entstehen, sind nicht ausreichend.

Eine lediglich allgemeine Behauptung des Käufers zum merkantilen Minderwert ist nicht ausreichend, um den Substantiierungsanforderungen gerecht zu werden. Der Käufer hat jedenfalls für die Verursachung des Preisrückgangs konkrete Anknüpfungstatsachen vorzutragen. Andernfalls würde die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Zivilprozess einen nicht zulässigen Ausforschungsbeweis bedeuten.

Dieselskandal + Beweislastverteilung: OLG Koblenz Urteil vom 27.09.2017- 2 U 4/17

Nach der gesetzlichen Systematik ist der Käufer beweisbelastet dafür, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache vorlag und dieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist (BGH, 9. März 2011, VIII ZR 266/09). Die aus § 363 BGB folgende Beweislastverteilung gilt gleichermaßen für die Frage, ob eine in der nach dem Vorbringen des Käufers nicht vertragsgemäß bewirkten Leistung liegende Pflichtverletzung erheblich und der Anspruch nicht kraft Gesetzes nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist.

Hat der Verkäufer beim Abschluss eines Kaufvertrags eine Täuschungshandlung begangen, so ist in der Regel davon auszugehen, dass die für eine Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt ist. Das Wissen des Herstellers muss sich der Vertragshändler nicht zurechnen lassen (OLG Hamm, 5. Januar 2017, 28 U 201/16, OLG Celle, 30. Juni 2016, 7 W 26/16), weil dieser nicht sein Erfüllungsgehilfe bei der Erfüllung der Pflicht zu mangelfreier Lieferung ist (BGH, 2. April 2014, VIII ZR 46/13).

Dieselskandal, + Verjährung: OLG Köln 5. Zivilsenat, Urteil vom 14.06.2018- 5 U 82/17

Die Verjährungsfrist gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB von zwei Jahren begann mit der Ablieferung des PKW. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, die erst mit dem Schluss des Jahres 2018 enden würde, da der sogenannte Diesel-Abgasskandal im Jahr 2015 bekannt geworden ist, findet hier keine Anwendung, da die Beklagte als Verkäuferin den Mangel nicht arglistig verschwiegen hat.

Generell ist der Hersteller der Kaufsache – wie hier – nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers, der die Sache an seine Kunden verkauft (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2014, VIII ZR 46/13).

Eine Offenbarungspflicht des Vertragshändlers hinsichtlich der den Fahrzeugmangel begründenden Manipulation der Software kommt schon deshalb nicht in Betracht, da die Manipulation bei Vertragsschluss weder bekannt war noch bekannt sein konnte.(

Dieselskandal: OLG Nürnberg vom 24.04.2018- 6 U 409/17

Die Verwendung einer unzulässigen Abschaltsoftware die dazu führt, dass die Stickoxidwerte eines Fahrzeugmotors im realen Fahrbetrieb gegenüber dem Prüfstandlauf (NEFZ) verschlechtert werden, ist als Sachmangel anzusehen, weil der Käufer eines Fahrzeugs für den Verkäufer erkennbar voraussetzt, dass das gelieferte Fahrzeug allen Vorschriften entspricht, die für die Betriebserlaubnis von wesentlicher Bedeutung sind.

Es steht der Erheblichkeit des Mangels im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB nicht entgegen, dass die Mangelbeseitigungskosten weniger als ein Prozent des Kaufpreises betragen, wenn der Mangel zu einer Entziehung der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs führen kann.

Die Dauer einer angemessenen Nachbesserungsfrist bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Muss die bereits entwickelte oder zumindest in der Entwicklung befindliche Nachbesserungsmaßnahme vor ihrer Umsetzung von einer Behörde genehmigt werden, und steht diese Genehmigung noch aus, ist jedenfalls eine Frist von weniger als zwei Monaten in der Regel unangemessen kurz.