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Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F., BGH Urteile vom 29. Juli 2015 – IV ZR 384/14 und IV ZR 448/14

Die Urteile des BGH vom 29. Juli 2015 – IV ZR 384/14 sowie IV ZR 448/14 befassen sich mit der Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen, bei denen ein Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F erfolgt ist. Diese Vorschrift besagt, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes übergeben muss und beschäftigt sich mit den Folgen bei einem  Unterlassen. Dann besteht ein Widerspruchsrecht des Kunden mit einer Frist von vierzehn Tagen, die erst nach Aushändigung der vollständigen Unterlagen zu laufen beginnt. In der Praxis fängt die Widerspruchsfrist daher oft gar nicht oder jahrelang nicht zu laufen an. Es können dann auch bereits gekündigte Verträge widerrufen werden.

Die Thematik ist deshalb für Verbraucher so interessant, weil bei einer vorzeitigen Kündigung eines Renten- oder Lebensversicherungsvertrages die Versicherungen nach einem komplizierten mathematischen Verfahren den Rückkaufs-/ bzw. Rückgabewert berechnen, bei denen Abzüge für hohe Abschlusskosten, sonstige Verwaltungskosten und Gewinne für die Versicherung sowie für den bislang erhaltenen Versicherungsschutz in die Berechnung eingestellt werden. Mit einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung dagegen wird der Versicherungsnehmer wirtschaftlich besser gestellt, als dies bei einer Kündigung der Fall ist.

Aber wie erfolgt die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung?

Der IV. Zivilsenat hat bereits mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101, Pressemitteilung Nr. 78/2014) entschieden, dass Versicherungsnehmer bei der nach einem wirksamen Widerspruch durchzuführenden bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung ihrer Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien zurückverlangen können. Vielmehr müssen sie sich den jedenfalls bis zur Kündigung des jeweiligen Vertrags genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen.  Ausgehend hiervon hatte das Berufungsgericht (OLG Köln – Urteil vom 5. September 2014 – 20 U 77/14) den geschuldeten Wertersatz auf der Grundlage der Prämienkalkulation des beklagten Versicherers geschätzt und die auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteile in Abzug gebracht. Der BGH führte hierzu ergänzend aus, dass anders als das Berufungsgericht gemeint hat, sich der Versicherungsnehmer zusätzlich zu dem Rückkaufswert, den er bereits vom Versicherer erhalten hat, die Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag, die der Versicherer bei Auszahlung des Rückkaufswertes für den Versicherungsnehmer an das Finanzamt abgeführt hat, als Vermögensvorteil anrechnen lassen muss.

Unabhängig von den Einzelpositionen ist maßgeblich für eine Anrechnung, wem das Risiko des Entstehens der fraglichen Aufwendungen zuzurechnen ist (BGHZ 109, 139; BGHZ 116, 251; NJW 2014, 854, Rz. 36). Hierbei darf nicht außer Betracht bleiben, dass der Versicherer durch ein ihm zuzurechnendes Fehlverhalten (hier eine unzureichende Widerspruchsbelehrung) wesentlich dazu beigetragen hat, dass der Vertrag im Zustand schwebender Unwirksamkeit verblieben ist und nicht wirksam werden konnte. Danach sind die  Kosten für den Vertragsabschluss und die Vertragsdurchführung nicht anzurechnen. Der Versicherer trägt in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko. Ansonsten sind nur Nutzungen herauszugeben, die vom Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen wurden. Die Darlegungs- und Beweislast liegt hierfür beim Versicherungsnehmer.