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Vorfälligkeitsentschädigung? Wann Banken leer ausgehen

Will sich der Kreditnehmer vorfristig von seinem Darlehen trennen, gibt es die Hürde der Vorfälligkeitsentschädigung. Wie sich jedoch eine solche Vorfälligkeitsentschädigung berechnet, ist für Verbraucher oft ein Rätsel und auch im Darlehensvertrag selbst finden sich mehr oder weniger konkrete Angaben hierzu. Aber muss ein Darlehensnehmer nicht bei Abschluss des Vertrages die konkreten Konditionen einer vorfristigen Ablösung kennen- und wenn ja, wie konkret muss der Hinweis der Bank dann sein?

Anspruch der Bank auf  Vorfälligkeitsentschädigung: die Regelung des §502 BGB

Gem. §502 BGB kann der Darlehensgeber im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eine „angemessene“ Vorfälligkeitsentschädigung für den mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen, wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet.

In der Berechnung sind Banken nicht frei. Die Berechnung des Nichterfüllungsschadens richtet sich vielmehr nach den beiden Grundsatzentschädigungen in BGHZ 136, 161 und BGHZ 146, 5. Der Darlehensgeber kann danach wählen, ob er seinen Zinsschaden durch einen sog.

  • Aktiv-Aktiv-Vergleich (Wiederausleihmöglichkeiten) oder
  • Aktiv-Passiv-Vergleich (Wiederanlagemöglichkeiten)

berechnet.

Der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist nach den gesetzlichen Regelungen jedoch dann  ausgeschlossen, wenn der Vertrag eine nur unzureichende Angabe über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung enthält.

Wann sind Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung „unzureichend“?

Über den Inhalt der Informationspflicht finde sich auch im EGBGB eine Regelung. Gem. Art 247 § 7 EGBGB muss die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung, angegeben sein.

Bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag muss der Vertrag klare und verständlich formulierte Angaben enthalten bezugnehmend auf die Voraussetzungen und die Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung.

Was sagt die Rechtsprechung?

In einem interessanten Urteil des OLG Frankfurt v. 01.07.2020- 17 U 810/19 bewertete das Gericht die Regelungen der von der Commerzbank herausgegebenen Darlehen (grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen aus 2016). Dort lauteten die AGB:

  1. Voraussetzungen und Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens:

 Sofern der Darlehensnehmer der Bank mitteilt, dass der Darlehensnehmer eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens beabsichtigt, wird die Bank dem Darlehensnehmer unverzüglich die für die Prüfung dieser Möglichkeit erforderlichen Informationen schriftlich übermitteln:

  1. Auskunft über die Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung
  2. im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrages
  3. gegebenenfalls die Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung und
  4. Kosten der Bank für zusätzlichen Aufwand der vorzeitigen Rückzahlung
  5. Mitteilung über eventuelle Annahmen die im Rahmen der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung erforderlich waren

Die Bank berechnet die Vorfälligkeitsentschädigung finanzmathematisch nach der sogenannten, Aktiv-Passiv‘-Methode. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung ist der Zeitpunkt, zu dem die vorzeitig zurückgezahlte Darlehensvaluta bei der Bank eingeht. Im Einzelnen rechnet die Bank wie folgt:

Zunächst ermittelt die Bank unter Berücksichtigung etwa vertraglich vereinbarter Sondertilgungsrechte wann und in welcher Höhe Zahlungen vom Darlehensnehmer zu entrichten gewesen wären, wenn das Darlehen fortgeführt worden wäre. In einem weiteren Schritt ermittelt die Bank, welchen Betrag sie zum vorgesehenen Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung anlegen muss, damit der Bank der vereinbarte Betrag zum vorgesehenen vertraglichen Fälligkeitstermin der jeweiligen ausstehenden Rate zur Verfügung stehen würde. Dabei differenziert die Bank wie folgt: Soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristen-kongruenten Laufzeiten vorhanden sind, legt die Bank für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlten Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe zugrunde. Die Summe der so ermittelten Anlagebeträge abzüglich des noch nicht zurückgezahlten Darlehensbetrages stellt die Ausgangssumme der Vorfälligkeitsentschädigung dar.

Das Landgericht Frankfurt hatte zunächst gem. Urteil LG Frankfurt, 24. Juli 2019, 2-10 O 69/19 die Klage der dortigen Darlehensnehmer zurückgewiesen. Danach seien alle notwendigen Angaben zur Laufzeit des Vertrages, das Kündigungsrecht und die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung enthalten. Die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung sei im Vertrag klar und verständlich angegeben (§ 492 Abs. 1 u. 2 BGB, Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 EGBGB). Auch sei der erforderliche Hinweis enthalten, dass der Darlehensnehmer im Falle einer beabsichtigten vorzeitigen Rückzahlung vom Darlehensgeber die für die Prüfung erforderlichen Informationen, insbesondere über die Zulässigkeit der vorzeiten Rückzahlung, die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags und gegebenenfalls die Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung verlangen könne. Die Berechnungsformel müsse nicht angegeben werden. Die Bank sei auch nicht verpflichtet gewesen, einen Berechnungszeitraum von höchstens 10 Jahren und 6 Monaten anzugeben. Es reiche aus, wenn die Grundzüge der Berechnung aufgezeigt würden.

Urteil OLG Frankfurt 17 U 810/19 und BGH XI ZR 320/20: differenzierte Beschreibung nötig

Dieses Urteil hob das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung 17 U 810/19 auf. Maßgeblich für die Frage, ob eine unzureichende Aufklärung über Vorfälligkeitsentschädigung vorliegt sei die Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (BGH, Beschluss vom 19. März 2019 – XI ZR 44/18 -, Rn. 14).

Ein solcher Verbraucher war jedoch nicht in der Lage, den Angaben in den Allgemeinen Darlehensbedingungen zu entnehmen, wie die Bank im Falle der vorzeitigen Rückzahlung die Vorfälligkeitsentschädigung berechnen würde.

Es reicht hier nicht aus, nur die vorzunehmenden Rechenschritte darzustellen.

Vielmehr ist hier eine differenzierte Vorgehensweise einer solchen Berechnung nötig. Eine solche Beschreibung enthält die Klausel jedoch nicht. Es folgt lediglich die Erklärung, dass die Bank für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlten Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe zugrunde legt, „soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristenkongruenten Laufzeiten vorhanden sind“. Was geschieht, soweit solche Hypothekenpfandbriefe nicht vorhanden sind, etwa bei unterjährigen Laufzeiten, bleibt offen.

Das Fazit des OLG als zweite Instanz in diesem Verfahren: Die Leistung der Vorfälligkeitsentschädigung erfolgte ohne Rechtsgrund. Eine Zahlungsverpflichtung bestand nicht (Az.: 17 U 810/19). Im Falle eines so eröffneten Informationsdefizits des Darlehensnehmers kommt eine „Heilung“ mit Blick auf den Verständnishorizont nicht mehr in Betracht.

Die Commerzbank legte gegen dieses Urteil Nichtzulassungsbeschwerde ein, welche der BGH mit seinem Urteil BGH XI ZR 320/20 zurückwies.

Fazit:

Es gibt für viele Privatleute die Möglichkeit, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu vermeiden. Dies gilt für Verträge ab dem 22. März 2016. Der Gesetzgeber hatte seinerzeit festgeschrieben, dass Banken ihre Kunden gerade auch bei Baufinanzierungen deutlich über die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung belehren müssen. Es lohnt sich, eine genauere Prüfung des verwendeten Vertragsmusters auf Schlüssigkeit und Verständlichkeit hin vorzunehmen. Wir helfen Ihnen dabei!

 

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